Response ability – warum Führungskräfte Entscheidungen treffen müssen

25.04.2019Claudia Salowski

Die aktuelle Ausgabe des Magazins Neue Narrative (https://neuenarrative.de/) flatterte mir kürzlich ins Haus, innen ein Poster eingelegt, das beginnt mit den Worten: response ability. Und ich dachte: Ja, genau, Sprache ist mal wieder sehr bedeutsam, denn Verantwortlichkeit hat etwas mit der Fähigkeit (ability) zu tun, Antworten (responses) zu geben.

Mit den Antworten in der Führung ist das allerdings so eine Sache, denn häufig wird von Führungskräften erwartet, dass sie alle haben und kennen – Antworten und Lösungen. Eindeutigkeit wird erwartet, also Antwort auf die Frage: „Ja, was denn nun?“ Führungskräfte sollen in der Lage zu sein, klare Entscheidungen zu treffen – was zunächst einmal völlig nachvollziehbar ist. Diese Entscheidungen sollen auch langfristig Gültigkeit haben – das wird schon etwas schwerer, denn in der vielzitierten VUCA-Welt, in der sich doch ständig alles dynamisch verändert, müsste man ja schon Hellseher(in) sein, um wissen zu können, wie denn zu entscheiden wäre, so dass auch in zwei oder drei Jahren noch gilt, was heute sinnvoll erscheint. Und man müsste neben hellseherischen Fähigkeiten wohl auch Zauberkräfte sein eigen nennen, denn dass ich antizipieren kann, was in zwei Jahren „en vogue“ ist als Entscheidung, das heißt ja noch lange nicht, dass das in den zwei Jahren auch stabil so bleibt – und/oder darüber hinaus.

Worauf also soll(t)en Führungskräfte Antworten geben können? Auf die Frage, wie mit Paradoxien umzugehen ist. Organisationen aller Art existieren, so lehrt uns die Systemtheorie, nur deshalb, weil es gilt, Paradoxien zu bearbeiten: Ich kann (als Einzelperson) nicht gleichzeitig ein Produkt herstellen und den Vertrieb leisten. Dazu brauche ich eine Organisation, also ein System, das in der Lage ist, beide Funktionen gleichzeitig zu erfüllen. Daraus ergeben sich nun wiederum weitere zu bearbeitende Paradoxien, beispielsweise die der Ressourcenverteilung: Wenn die Geschäfte gut laufen, stecke ich dann mehr Ressourcen in die Produktion und vermindere die im Vertrieb? Und wenn sie schlecht laufen? Treffe ich diese oder jene Investitionsentscheidung – oder gar keine, was ja wiederum auch eine Entscheidung ist?

Grundlegend für die response ability ist die Erkenntnis (nach Heinz von Foerster), dass in Organisationen stets nur das Unentscheidbare entschieden werden muss – denn alles Entscheidbare ist bereits entschieden. Führungskräfte müssen also mit der Herausforderung umgehen, etwas eigentlich Unmögliches zu leisten: Sie müssen Klarheit schaffen in unklaren Situationen, in denen es auch keine „höhere Macht“ gibt, die Klarheit schaffen könnte. Das müssen sie, die Führungskräfte, schon selbst tun, dafür sind sie da. Und daraus erklärt sich häufig auch das Phänomen des „not decided here“ – kennen Sie das? „Das will der Finanzvorstand nicht!“ – „Unsere Geschäftsführerin hat das so entschieden!“ – „Also ICH würde ja, aber wer bin ich kleines Licht schon…“ Das sind Pseudo-Rechtfertigungen für mangelnde Verantwortung – und delegiert die Entscheidungskraft gleichzeitig ins Nirgendwo. Erste und vorrangige Aufgabe von Führungskräften ist es, Antworten zu geben, zu denen sie stehen. Also, liebe Führungskräfte: Get your act together! 🙂

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