Nicole Weider, mein Gast in Folge 004 von „Kaffee, Donut, Viertelstunde“, berät Krankenhäuser und Kliniken zu den Themenbereichen Marketing, Arbeitgebermarke, aber auch generell zu Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung. Ausgerechnet zu Beginn des ersten „Lockdowns“ erschien ihr Buch „Teamarbeit im Krankenhaus“. Wie sie die Zusammenarbeit mit den Führungskräften und Mitarbeiter:innen in den Kliniken in dieser Zeit erlebt hast und warum sie gerne mal mit Jens Spahn einen Kaffee trinken würde? Hier kommt die Antwort!
Claudia: Hallo Nicole! Heute mein Gast im Podcast: Nicole Weider, wir kennen uns ja schon eine ganze Weile, du sagst aber gleich noch was zu dir. Und meine erste Frage im Podcast ist ja immer: Wo und wie trinkst du deinen Kaffee am liebsten?
Nicole: Ja, also Kaffee trinke ich am liebsten ganz schwarz und auch den klassischen Filterkaffee wieder, nicht mehr diese Mega-Maschinen.
Claudia: OK.
Nicole: Und am liebsten eigentlich draußen auf irgendeinem…, oder hier bei mir zuhause habe ich so einen sehr schönen Sessel direkt am Fenster. Und wenn die Sonne scheint natürlich. Und starte dann in den Tag mit dem Gedanken: Was steht heute an. Und das gönne ich mir schon auch morgens.
Claudia: Würdest du mich sehen, würdest du mich jetzt gerade grinsen sehen, weil tatsächlich, während du das erzählst, fängt es bei mir hier an… Ich gucke hier in meiner „Aufnahmestation“ auch aus dem Fenster, und hier fängt es gerade an zu schütten aus allen Eimern (lacht).
Nicole: Oh nein!
Claudia: Ja! Aber ich habe hier auch meinen Kaffee, also alles gut.
Nicole: OK.
Claudia: Aber wenn du von drinnen nach draußen guckst in deinem Sessel, dann bist du ja auch wetterunabhängig. Ja, ich hab eingangs schon gesagt, wir kennen uns schon eine ganze Weile. Also kurz nachdem ich 2010 mit der Selbstständigkeit gestartet bin, haben wir uns über einen gemeinsamen Kollegen damals kennengelernt und in unterschiedlichen Kontexten ja immer wieder Berührungspunkte gehabt. Erzähl doch mal, was du so machst und aus welchem Bereich du kommst, weil das superspannend ist.
Nicole: Ja! Also ich komme aus dem Gesundheitswesen, ich habe ganz früher, mit 16, Arzthelferin gelernt, wie man das so macht nach der Schule, weil man nicht so richtig wusste, was ist los. Und aus dieser Lehre der Arzthelferin ist im Endeffekt ein Fachgebiet geworden, das ist heute meine Leidenschaft: das ist das Gesundheitswesen, Schwerpunkt Krankenhaus. Und ich bin dann nach und nach immer in verschiedenen Stationen gelandet, habe mich auf dem zweiten Bildungsweg fortgebildet, sodass ich noch Marketing und Kommunikationsökonomie studiert habe, in verschiedenen Klinikunternehmen war, aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich komme, dann noch eine Organisationsausbildung draufgesetzt habe und – ich höre und staune auch – schon im 11. Jahr jetzt selbstständig bin.
Claudia: Wow!
Nicole: Und mein Schwerpunkt ist, ich kümmere mich um Krankenhäuser bzw. um die Mitarbeiter in den Kliniken, dass sie eine Sichtbarkeit in dem schnell wachsenden Markt bekommen, den ich ja jetzt auch schon seit 30 Jahren kenne. Das heißt, geht um das Miteinander, um Schnittstellen, es geht um Zusammenarbeit. Auf der einen Seite ist es das Team im Krankenhaus, das nennt man die interdisziplinären Teams, oder auch aus dem Krankenhaus heraus. Ich orientiere mich immer so ein bisschen an der Patientenversorgung, das sind dann die interprofessionellen, dass man dann diese Schnittstellen zwischen niedergelassenem Arzt, der Klinik, dann der Rehabilitation oder auch der ambulanten Pflege, dass da immer die Daten fließen, die eben für die Patientenversorgung wichtig sind. Und die Daten können nur fließen, wenn die Mitarbeiter und die Teams auch wissen, was fließen darf, wo es herkommt, welche Kanäle haben wir, und dass man sich da eben auch so ein bisschen auskennt. Das ist mein Schwerpunkt.
Claudia: Was ich an deiner Arbeit ja schon, seit wir uns damals kennengelernt haben, so faszinierend finde, und ich kann mich noch erinnern, dass seinerzeit ja so ein Thema war: Arbeitgebermarke, wie positioniert sich generell eine Organisation, und das ist ja im Gesundheitswesen auch noch mal sehr speziell, einfach weil die meisten von uns ja Krankenhäuser, Kliniken, eher als Patientin oder Patient kennen und auch eher als einen Ort wahrnehmen, an dem man sich möglichst nicht so lange aufhalten möchte, weil: Da geht man nicht hin, wenn’s einem gut geht, sondern da geht man hin, wenn man Unterstützung und Hilfe braucht. Und gerade das macht es ja auch zu so einem besonderen Ort, weil es für Patientinnen und Patienten eben total wichtig ist, wie sozusagen das Erleben dann vor Ort ist. Und du hast vor kurzem – und dann kommt unser vereinbarter Lieblingssatz sozusagen in Anführungszeichen: „Bevor Corona kam…, und dann kam Corona…“ Du hast vor kurzem ein Fachbuch veröffentlicht, und zwar zum Thema Teamarbeit im Krankenhaus. Da sind ja bestimmt ganz viele Erfahrungen aus den vielen, vielen Jahren, die du das machst und die du auch Organisationen eben in dem Bereich anguckst, wie die funktionieren und wie sie eben bestmöglich sich auch aufstellen können und auch nach außen zeigen können, da hast du bestimmt ganz viel einfließen lassen?
Nicole: Ja, genau. Also das ist auch so der Anlass gewesen, warum ich überhaupt die Idee hatte, ein Buch zu schreiben. Wenn ich in den Kliniken bin, ist es immer so das Thema: Wo kriege ich Mitarbeiter her, also wie kann man zufrieden arbeiten, und das hat sich eben in den letzten Jahren… gibt es immer unterschiedliche Themen, die nach oben poppen, sag ich mal, die einfach in den Markt gehen, wo man sagt: Fachkräftemangel, wo ausländische Mitarbeiter…, also es gibt immer Themen, die damit zusammenhängen, was das Thema Arbeitgebermarke und Sichtbarkeit betrifft. Und das Ganze hat mich eben veranlasst, ein Buch zu schreiben, um zu überlegen: Was kann ich denn aus der Teamkommunikation heraus, also aus der internen, aus der Unternehmenskultur heraus einbringen, wie wichtig ist die, damit dann auch jedes Rädchen, was sich im großen Unternehmen Krankenhaus bewegt, auch entsprechend mitdrehen kann. Und da habe ich eben die ganzen Erfahrungen über Übernahme von Auszubildenden, dann ist es ja immer so: Wie gehe ich mit Führungsnachwuchskräften um? Das Thema Stationsleitung, wen wähle ich aus, wen brauche ich dazu? Dann das Thema Digitalisierung, dann eben auch das Thema, wie kann ich vorhandene Mitarbeiter binden, das Thema Fachkräftemangel, auch Generationsmanagement, dass ich eben mehrere Generationen gerade auf Station managen muss, dass viele junge Schwestern oder Auszubildende in die Stationsleitungsführung gehen und dann einfach auch ihre Älteren führen müssen, die schon sehr lange am Klinikum arbeiten oder auf Station arbeiten. Also all das bringt Probleme, Themen mit sich, und dem zu begegnen und so ein Handwerkszeug an die Hand zu geben, das war so mein Anlass, dieses Buch zu schreiben. Und ich habe da zwei Figuren entwickelt, die durch das Buch führen, sodass es auch sehr plakativ für die Stationsmitarbeiter ist, das nachzuvollziehen. Und es kann aber auch wunderbar in der Verwaltung eingesetzt werden.
Claudia: Ja. Und ich erinnere mich, dass ich so in der Zeit, in der Corona-Lockdown angesagt war, gesehen habe, dass du ja, auch wenn das natürlich schwierig und voraussetzungsvoll war, aber du weiterhin unterstützt hast, du arbeitest beispielsweise im Einzelcoaching mit verschiedenen Menschen im Krankenhaus. Ich kann mir vorstellen, dass das ja auch noch mal eine besondere Drucksituation ist, also auch wenn die Situation ja hier in Deutschland glücklicherweise nicht so furchtbar war wie in anderen Ländern, ist es natürlich trotzdem in einem Arbeitsumfeld, das ja ohnehin schon sehr viel mit Anspannung und mit Genauigkeit und mit, naja, geringer Fehlertoleranz sozusagen zu tun hat, weil da eben Menschenleben dranhängen, kann ich mir vorstellen, dass das noch mal eine ganz besondere Herausforderung war.
Nicole: Ja, also das war’s auf jeden Fall. Es gab so zwei Dinge, die mich überrascht haben. Auf der einen Seite: Die Coachings wurden natürlich dann nicht mehr vor Ort durchgeführt, sondern relativ schnell ging es dann darum zu sagen, ok, wir gehen auf das Telefon über. Und dann war so die Erkenntnis, dass wir ja – oder so ging es mir zumindest – weil ja Corona am Anfang so war: Gott, wir müssen uns schützen usw., wie können wir damit umgehen; dass die Kliniken sehr schnell reagiert haben. Die haben ja sehr viel umgebaut, die haben Stationen zusammengelegt, die haben Personal verschoben, und dann kam ganz witzigerweise, ja, ich nenn’s mal so, einfach raus, dass die auch oft gar nichts zu tun hatten. Also dass die ganz andere Themen hatten, als die in der Öffentlichkeit waren, dass man dann gesagt hat, wir legen Stationen zusammen, dadurch sind ja, ist Personal frei geworden, dann nehmt bitte auch euren Urlaub, guckt, dass ihr Überstunden abbaut, und wenn’s dann eng wird, wenn dann die große Phase kommt, dass ihr dann eben zur Verfügung steht. Und das war so ein Effekt, an den hatte ich so erst gar nicht gedacht. Ich dachte eben mehr, dass es Ängste sind, die natürlich auch da waren, und die dann in dem Bereich waren: Klar, wie gehe ich mit den Patienten um, aber was viel auffälliger war, dass die sich überlegt haben, wir haben gar nicht genug Schutzmaterial. Also die haben in den Ambulanzen gearbeitet, da kamen die Patienten auch ungeschützt rein, und dann sind die Mitarbeiter dort und haben eine normale Tagesmaske, diese Einmalmasken, auf. Da waren die einfach irritiert und haben gesagt, das kann doch nicht sein, und oft war dann die Folge, was mir so berichtet worden ist, dass dann bei den einen auf Station auch die Krankheitsquote nach oben gegangen ist, die Leute haben sich aus Angst krank gemeldet, weil sie nicht wussten, wie gehe ich damit um. Wenn ich nach Hause gehe, meine Familie, meine Kinder, die Eltern, und dann hat man diese Handbremse gezogen, also das waren so zwei Aspekte, die mich überrascht haben in der Krise.
Claudia: Und jetzt nimmt es ja so langsam also insgesamt im Land ja so eine Wendung in Richtung: Ok, wir können uns vielleicht ein bisschen mehr entspannen, wir können Maßnahmen lockern, auch wenn wir weiterhin natürlich so ein paar Vorkehrungen treffen müssen. Wie erlebst du denn jetzt die aktuelle Zeit in der Arbeit mit deinen Kunden?
Nicole: Aktuell ist es ein bisschen schwierig, es ist jetzt auch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Ich bin in verschiedenen Bundesländern tätig, und aktuell haben die schon noch erst mal Besuchsverbot, wenn man mit der Verwaltung zu tun hat. Aber alles, was jetzt so mit Schwestern, mit kleinen Workshops, Teambuilding ist, wird erst mal reduziert und findet nicht statt. Also ich bin gerade, wenn, über das Telefon aktiv und ansonsten eigentlich schon mehr oder weniger mache ich Home Office und organisiere und gucke, dass es dann ab August, September in kleinen Schritten weitergeht, wenn eben die Lockerungen noch mehr und mehr wahrgenommen werden und man mal wieder so ein bisschen in den Alltag übergeht. Die Kliniken fangen ja auch an, wieder umzubauen, das heißt, die vorhandenen Stationen, die sie eben für Covid vorgesehen haben, die werden wieder zurückgebaut, die einzelnen Teams gehen wieder auf ihre Originalstationen zurück, und jetzt kommt ja irgendwann auch der Alltag. Also die müssen ja auch die gesetzlichen Vorgaben wahrnehmen, und somit wird sich auch die Umgebung im Krankenhaus oder in den Unternehmen auch noch mal verändern. Das wird auf jeden Fall auch eine Rolle spielen, und da sehe ich eben wiederum Möglichkeiten zu sagen, dass es sich wieder öffnet, weil da einfach Beratungs- und Manpower gefragt ist, um eben die nicht vorhandenen OPs und das alles, was wirtschaftlich liegen geblieben ist, wieder so ein bisschen auf Vordermann zu bringen.
Claudia: Ja, und das kann ja auch ein superguter, wenn auch verspäteter – also dein Buch ist ja quasi mit Beginn des Lockdowns sozusagen herausgekommen – aber ein ganz guter Aufschlagpunkt auch für dein Buch sein und für diesen Fokus auf Teamarbeit. Weil es geht ja sehr stark auch darum: Wie können wir die Zusammenarbeit gestalten, und wie können wir miteinander auch erfolgreich sein.
Nicole: Genau, denn du hattest ja in der Frage zuvor auch noch mal gesagt, was das Besondere war. Und was mir da jetzt noch einfällt, ist natürlich: Die ganzen Führungskräfte waren extrem begeistert, wie schnell sich diese neuen Teams auch gefunden haben. Auch wenn es sehr viele Ängste gab, hat man doch gesehen, Leute, die vorher nie zusammengearbeitet haben, die haben einfach sich zusammengerauft und haben Dinge möglich gemacht, die vorher unmöglich gewesen wären. Und das war ein extremer Teamspirit, den die Führungskräfte, den alle Mitarbeiter erlebt haben. Und das ist natürlich ein schöner Ansatz zu sagen: Ok, dann guckt doch, wie ihr diesen Teamspirit jetzt auch noch weiter behalten könnt und über das, was darüber hinaus jetzt kommen wird, dass ihr euch eben teammäßig daran orientiert, wie geht das weiter. Und das wäre schon eine schöne Geschichte, da auch das Buch reinzunehmen, Tipps zu geben und zu sagen: Hangelt euch da doch mal durch und schaut, dass ihr diese positive Geschichte einfach auch weiterführt. Das Miteinander, das Gemeinsame.
Claudia: Ja. Das ist ja häufig in Teams dann so ein sinnstiftendes Element, wenn man so ein gemeinsames Erlebnis hat. Total spannend! Das ist unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht, die Uhr zeigt schon 14 Minuten an, das heißt, wir sind schon in Richtung der letzten Frage unterwegs, und die lautet: Mit wem würdest du denn gerne mal, lebendig oder vielleicht auch nicht mehr lebendig, einen Kaffee trinken, und über was würdet ihr reden?
Nicole: Oh, das ist… (lacht) Ja, mit wem würde ich gerne mal reden? Ich denke, weil ich ja so im Gesundheitswesen bin, glaube ich, hätte ich einfach mal Spaß, den Herrn Spahn kennenzulernen. So persönlich, auf eine Tasse Kaffee in Berlin, um einfach noch mal zu horchen, was ihn auch so antreibt. Weil er ja doch im letzten Jahr sehr, sehr viele neue Gesetze rübergebracht hat, also einfach in so einer Periode gerade tätig ist, wo viel bewegt wird. Und das würde mich interessieren, wie er das so für sich managt, welche Ideen er hat, wie er das macht und nach welchen Kriterien er so arbeitet. Das finde ich ganz spannend. Das fällt mir jetzt ganz spontan ein.
Claudia: Ja, dann nutze ich das spontan mal und schicke mal Grüße an eine liebe Freundin in München, Grüße gehen raus nach München, und wenn sie die Folge hört, dann weiß sie, dass sie gemeint ist, weil die ist häufig im gesundheitspolitischen Bereich unterwegs und kennt Herrn Spahn tatsächlich. Vielleicht lässt sich da was arrangieren (lacht).
Nicole: (lacht) Das wär‘ doch was!
Claudia: Die ist auch häufiger in Berlin. Das ist ja auch so eine Linie, die uns beide verbindet, unsere Liebe, und ein Teil unseres Herzens ist immer in Berlin. Mal gucken, was ich machen kann!
Nicole: Gerne, ich würde mich sehr freuen!
Claudia: Ich danke dir ganz herzlich fürs Gespräch, Nicole, superinteressant!