„Kaffee, Donut, Viertelstunde“ zum Lesen: Folge 006a mit Possibilist Florian Wieser

16.02.2021Claudia Salowski

Mit Florian Wieser habe ich eine „Piratenfolge“ aufgezeichnet: Folge 006a, weil sie außer der Reihe entstanden und on air gegangen ist – und auch, weil es inhaltlich um Piraten, um Diversity und um „F_ck the system!“ geht.

Claudia: Dann müsstest du mir jetzt eigentlich herzlich willkommen sagen, oder weil wir diesmal ein bisschen verkehrte Welt haben. Du zeichnest auf und ja, wir sehen uns ausnahmsweise. Aber ich habe eben schon gedacht, wir können ja auch nachher noch ein schönes Bildschirmfoto machen. Dann haben wir ausnahmsweise mal eine Fotobegleitung in den Social Media Posts zu der Folge, die tatsächlich eine Sonderfolge sein wird. Der Hintergrund ist, dass ich auf dich gestoßen bin und vor allen Dingen auf das, was dich im Moment, so wie ich das gehört habe, ganz intensiv beschäftigt, nämlich das Buch „Be More Pirate!“ über den Manuel Grassler, der mir dieses Buch empfohlen hat. Bei der Frage über meinen Insta-Account, über den Podcast Insta-Account: Welche Buchtipps habt ihr denn so? Was lest ihr gerade so in Sachen Business-Erfolg und solche Dinge? Aber vielleicht stelle ich dich einfach erst mal kurz vor und dann stellst du dich nochmal kurz vor und wir starten dann mit der Eingangsfrage. Florian Wieser, ich habe gelesen auf deiner Homepage, du bezeichnest dich selbst als Possibilist, und man sagt auch über dich, du seist Mr. LEGO® der Schweiz. Und superinteressant finde ich, dass bei der Aufzählung, mit wem du schon alles mit LEGO® Serious Play® gearbeitet hast, auch der Begriff Mütter steht. Da könnten wir wahrscheinlich allein eine Folge drüber machen, was man denn so bearbeitet mit der Zielgruppe der Mütter mit LEGO® Serious Play®. Aber schauen wir mal, wo uns das Ganze so hinführt. Meine erste Frage im Podcast ist immer: Wo und wie trinkst du am liebsten deinen Kaffee?

Florian: Ich trinke keinen Kaffee mehr.

Claudia: Na sowas!

Florian: Ja. Aber ich trinke jetzt. Nee, nee, hab ich aufgehört. Ich habe mir ein paar Sachen aufgehört, weil der Possibilist, in der Rolle prüfe ich Möglichkeiten. Und da prüfe ich halt auch die Möglichkeit, wie geht‘s mir ohne Kaffee? Und es ging aber irgendwie alles einher mit irgendwie kein Fleisch, kein Zucker, keine Milch und kein Kaffee so all-in. Das war zwar blöd fürs Experiment, weil jetzt weiß ich gar, warum es mir gut gehen soll.

Claudia: Weil du alles auf einmal weg gelassen hast?

Florian: Genau. Nein, jetzt ist es eigentlich so ein Chai Tee mit Hafermilch.

Claudia: Hafermilch mag ich übrigens auch sehr gern. Ich bin auch seit einigen Jahren schon weg von einschlägig bekannter Kuhmilch und trinke nur noch Milchalternativen. Der Kaffee ist bei mir aber tatsächlich übrig geblieben, also ich versuche auch, soweit es irgendwie geht, raffinierten Zucker zu vermeiden und habe auch eine ganze Zeit lang mal kein Getreide gegessen. Das heißt, da ähneln wir uns schon ein bisschen. Was hat es denn mit diesem „Be More Pirate“ auf sich? Ich habe angefangen bis zu lesen und finde es super spannend, was man da so alles über die Geschichte und die Welt der Piraten lernen kann. Und gleichzeitig hat es aber noch eine viel tiefere Bedeutung, nämlich so den Anstoß von tatsächlich etwas umfangreicheren Veränderungsprozessen. Erzähl mal.

Florian: Ja, durchaus. Das kam eigentlich so, dass lustigerweise, wie man das so macht, gell, die „Pirates of the Caribbean“ haben ja vielleicht schon mehrere Leute geschaut. Ein paar hundert werden es wohl gewesen sein. Und das hat mir dann schon gefallen, dass der Johnny Depp diesen Jack Sparrow sehr speziell zeichnet und eben gar nicht so klassisch, wie man das vielleicht vorher noch aus Kinderbüchern sich vielleicht vorgestellt hat oder so aus Piraten-Geschichten. Das war es mal, was nachher bei der, weil du LEGO® gesagt hast, bei meiner Lego Ausbildung musste man so Karten ziehen, irgendwie so als Warm-up, und ich hab dort auch den Jack Sparrow gezogen. Ich weiß aber nicht mehr, was ich gesagt habe. Das ist das nächste. Und dann hatten wir jetzt mal so ein Retreat, und dann habe ich einfach gemerkt: Hey, ich bin eigentlich wirklich wie ein Pirat im Sinne, wie ich mir den halt vorstelle. Der fährt wirklich in den Hafen rein, hat geiles Zeug dabei. Die Kinder rennen auf ihn zu, weil sie sich freuen, dass irgendwie das Ungewöhnliche kommt. Die Erwachsenen schauen mal so bisschen verstohlen und die Kinder fragen gleich: Hey, hey, hey, hey, hey, was hast du dabei? Was hast du dabei? Und ich zieh halt quasi eine Möglichkeit. Es ist wirklich egal, was es ist. Also jetzt in meinem Kontext ist es ein Tool, ist es ein Gedanke, whatever, ja. Und die Leute kommen halt auch langsam und schauen, was ich da hab. Das hab ich vom anderen Hafen und die sagen ja geil und was machst du mit dem, und ich erzähl halt kurz. Aber ich gehe dann eben auch wieder. Ich habe gemerkt, dass ich so arbeite und hab dann eigentlich das gemappt auf meine Arbeitsweise. Und dann nach diesem Retreat habe ich gemerkt, hey, die Rolle find ich geil. Ich mag die ich mag auch irgendwie. Ich mag auch Kleider so irgendwie zerfetzter, also nicht verkleidet, aber das war alles plötzlich stimmig. Ich arbeite so, ich will so aussehen. Bam, bam, bam! Und dann kam das Buch. Ich weiß gar nicht mehr woher. Aus dem Universum.

Claudia: Ich glaube ja tatsächlich, Bücher finden einen.

Florian: Schön, ja.

Claudia: Man findet nicht Bücher, sondern die finden einen.

Florian: Ja und dann lese ich da so rein und denke mir halt ja, spannend, oder? Und dann merkst langsam so, irgendwie, das ist geiler als ich gedacht habe. Also. Ja, Finding-mäßig. Das erste Finding, was für mich cool war, ist das, dass das eben nicht nur verraunzten Outlaws waren ohne Zähne, die einfach hauptsächlich rumgesoffen haben, sondern es waren eigentlich Edelmänner, die gesagt haben: Hey fuck the System! Und da hab ich mir gedacht: auch mal ein neues Bild. Also das sind ja gar nicht… Also man hat eigentlich wahrscheinlich schon wieder, also klar, in dieser ganzen Storytelling-Welt, da hat man sich die Geschichten dann vielleicht auch im Establishment erzählt: Hey, das sind solche, oder. Aber eigentlich waren es welche von innen, die gesagt haben: So wie ihr es macht, so will ich nimmer. Das war ich schon mal der beste Match.

Claudia: Was mich total angefixt hat, als ich angefangen habe, das Buch zu lesen, ist das Thema Diversity. Weil tatsächlich ja die Piraten – also es gibt diesen Satz im Buch, dass sie sich sozusagen nicht nur gegen die Regeln gestellt haben, sondern die Regeln neu erfunden haben und vor allen Dingen auch die Gesellschaft neu erfunden haben, und dass eigentlich ja keine gesellschaftliche Strömung so divers und inklusiv war wie die Piraten. Denn Hautfarbe war egal, Herkunft war egal. Sexuelle Orientierung war egal. Alle, alle haben irgendwie die gleichen Rechte gekriegt und auch so die Schätze, die sie irgendwo ergaunert, erobert haben, die sind nach einem ganz klar definierten und gemeinsam beschlossenen Schlüssel untereinander aufgeteilt worden. Und das ist tatsächlich etwas, das ich mit Manuel in der Podcastfolge auch zum Thema LEGO® Serious Play® so ein Stück weit besprochen habe, dass Diversity eigentlich nirgendwo so sichtbar und spürbar wird, wie wenn du spielerisch über Visionen nachdenkst, sondern diese Visionen spielerisch auch gestaltest mit beispielsweise dem LEGO® Serious Play®, wie erlebst du das?

Florian: Also das war ja wirklich einen der geilsten Teile im Buch, dass du einfach, dass man dann noch sieht… Also es waren jetzt eigentlich, wir können sagen, es waren eigentlich die Schnöseljungs, oder, von irgendwelchen Königen und Adeligen, die gesagt haben eben: Fuck the system! Und dann aber noch zum Affront ihrer weißen Eltern auch noch die Diversity eingebracht haben. Also all die „minderwertigen Menschenarten“ quasi, also wirklich, aus der Sichtweise. Also das war ja echt krass und eben, was du gesagt hast, das find ich auch schön, dass sie nicht nur gesagt haben: Fuck the system, sondern dass sie auch gestalterisch gesagt haben, jetzt macht man ein eigenes System und da auch eigentlich ja extrem experimentiert haben. Und diese Codes, die sie erfunden haben, die ja extrem einfach sein mussten, damit sie eben weitererzählt werden können, die haben sie auch rumgereicht unter den Piraten. Das heißt also die Crew-Mitglieder, die das nachher verinnerlicht haben, haben das auch auf das nächste Boot mitgenommen und hey, der Punkt war vielleicht noch wichtig. Also die ganze Iteration ist drinnen und Diversity, wie du gesagt hast. Aber weißt, Diversity im Sinne von: Ah ja, die haben da ganz viele verschiedene von irgendwas gehabt. Nee, die haben zum Teil 80 Prozent schwarze Menschen gehabt. Also im Sinne von ganz umgekehrt, oder, net einfach bissel anders. Und wir hatten noch keine „Quoten-Blackies“ dabei, sondern wirklich viel und mit denen gearbeitet und so gut gearbeitet, was sich ja quasi das Establishment aus der Zeit gar nicht vorstellen konnte. Und Homosexualität? Ich meine, das musst du dir mal vorstellen, oder. Wenn das die harten Kerle, die ganzen „Heten [gemeint ist: Hetero]- Geschichten, die man da drüber dann irgendwie erzählt, nee, die waren schwul, weil die hatten nämlich auch Lust, irgendwie einfach Liebe zu spüren. Und da haben sich halt auf dem Schiff dann verliebt. Also und das zugelassen auch. Oder auch eben es war völlig klar, das war für mich völlig flashy, dass sie immer agil waren in Friedenszeiten. Das heißt echt. Da hat jeder alles gemacht. Da war auch Augenhöhe und so weiter. Und im Moment des Kampfs und des Krieges hat sich die Pyramide aufgestellt, weil sie einfach die beste Strategie war damals. Und das finde ich auch flashy, oder? Also im Sinne von… Ich halte nicht viel von diesem ganzen flat hierarchy Zeug. Es ist nur eine gute Gegenbewegung zu dem Scheiß, den wir hatten, aber ich glaube, das ist ein Mix am Schluss trotzdem wieder ist, weil die Verantwortung wird immer irgendwo hin fallen oder sich generieren intrinsisch aus einem Menschen, der dann einfach Verantwortung hat und dann hat man Hierarchie. Und das fand ich so geil, dass die beides konnten auch wieder. Also und wechseln konnten und sogar noch das strategisch oder einfach schlau eingesetzt haben. Für den Moment, wenn es um die Wurscht ging. Dann war klar, jetzt braucht man irgendwie einen klaren Prozess einfach. Aber dann braucht man wieder die Phase, wo man uns wieder entspannen können und wieder neues Zeug entdecken. Das waren alles Sachen, die mir sehr gefallen haben.

Claudia: Mit Pyramide meinst du Hierarchien?

Florian: Ja, voll. Also da war einfach klar. Captain sagt wo durch, der Master Chief hat die Rolle und auch die Rollenverteilung war, glaub ich, gemäß halt den Erzählungen sehr klar. Und auch wie du gesagt hast, mit dem Schatz, oder? Die hatten auch ganz transparente Löhne. Alle hat den gleich viel. Nur der Captain und der Master Chief hatten bis zu viermal mehr. Aber sogar das war scheinbar klar. Also und jetzt schaust du wieder zu den Managerlöhnen. Oder irgendwie erstens unklar. Verdeckt. Nicht wirklich. Und am Schluss kommt raus: Oh, ist leider 100mal mehr. Es ist eine scheiß Welt und deswegen… Die Welt finde ich halt dann echt total erfrischend, weil sie schon so lang eigentlich unter uns ist, wenn du so willst.

Claudia: Und wie schaffst du das? Also die Zielgruppe, die Hauptzielgruppe des Podcasts sind ja Solo-Selbstständige, und das bist du ja auch. Wie schaffst du das, diese Idee „Be More Pirate!“ in dem, was du tust, in deinem Business umzusetzen, außer dass du einen, wie ich gehört habt, schwyzerdütschen Podcast beispielsweise machst, den ich mir noch nicht angehört habe. Weil ich so ein bisschen Sorge hatte, dass ich sowieso nichts verstehe. Aber ich hole das auf jeden Fall noch nach.

Florian: Kannst du dir mal die ersten paar Sätze reinziehen. Wir lachen viel. Insofern kannst einfach auch mitlachen. Ich glaube, es hat uns jemand ein Feedback mitgegeben, der hat gesagt: Ich weiß gar nicht mehr genau, was ihr besprochen habt, aber es war lustig. Ja, also wie mache ich das? Also wie baue ich das ein? Also ich ich komme ja eigentlich aus 20Jahren Unternehmertum von verschiedensten Firmengrößen, die ich da geschafft habe, halt auch irgendwie hin zu klotzen, muss ich sagen. Also halt wirklich die 3er Kombi, die 5er Kombi und am Schluss dann haben wir irgendwann bis 35 Leute dann auch mal geschafft und dann eigentlich wieder auf 10 Leute runter und jetzt Solopreneur. Also ich hab permanente Sehnsucht nach irgendwie Community. Deswegen auch arbeite ich ja auch viel mit dem Zukunft-Büro. Dass da wieder viele Menschen sind. Und dort natürlich setzt sich das alles ein, weil es mich einfach auch interessiert. Und weil ich einfach wissen will, wie’s funktioniert und nicht, dass alle drüber reden und dann wieder sagen: Ja, wisst ihr, ihr müsst immer agil sein, wenn’s a bisserl locker ist. Und wenn es um die Wurscht geht, müsst ihr alle in die Hierarchie gehen. Ja, ne. So Tipps mag ich nicht. Ich gebe nicht gern Ratschläge und ich habe gerne was erlebt und erzähl dann eigentlich lieber drüber. Insofern ist es sicher so, dass du einfach auf die Sachen, die jetzt aus dem Buch kommen, oder, dass du dann mehr Augenmerk drauf legst, egal wo. Du gehst in die Firma rein, schaust Diversity, oder, du gehst rein und sagst irgendwie, wie ist die Sprache da drin, oder? Ja, du ziehst einfach wie diese Brille an von diesen Inputs und schaust die Welt halt dann eigentlich so an!

Claudia: Und „Be More Pirate!“ ist für mich auch so ein bisschen, ja so ein Stück weit Punk sein. Also ein bisschen die Revolution ausrufen, vielleicht auch manchmal ein bisschen mehr. Und die Sachen auch auf den Prüfstand stellen und nicht immer alles für gegeben und für unveränderbar nehmen. Das ist so, was ich aus den ersten Kapiteln rausgezogen habe. Die Zeit fliegt immer total in diesem Podcast. 15 Minuten, eine Viertelstunde ist total schnell vorbei und meine letzte Frage an meine Gäste ist immer: Mit wem, noch lebendig oder auch nicht mehr lebendig, würdest du denn gerne mal einen Kaffee oder einen Chai oder was auch immer trinken und über Gott und die Welt oder sonst was quatschen? Und jetzt bin ich gespannt, ob das ein Pirat ist oder nicht.

Florian: (lacht) Nee, also wenn sie mich so fragst, da würde ich erstens mal, glaub ich, einen Rum nehmen. Ja schön. Genau der Rolle entsprechend. Also vielleicht auch zwei, drei. Und mit wem würde ich das machen wollen? Ich muss dir ehrlich sagen, ich würde eigentlich wirklich mich gerne mal. Und ich würde den gerne mal vor mir sitzen haben und den mal einfach erleben und spüren, wie er groovt, das ist der Obama. Irgendwas, irgendetwas ist mit dem Barack und mir.

Claudia: Da geht noch was oder wie?

Florian: Da geht noch was. Ich weiß nicht, ob ich es noch erlebe in dem Leben, ob ich‘s schaff. Und sonst in einem anderen Piratenleben. Aber irgendwie, ich hab Bock, mit ihm wirklich ein paar Takte zu reden und… Ja. Ich finde der hat viel Gutes in die Welt gebracht und irgendwie würde ich das gerne mal live erleben nicht von der Bühne, sondern einfach echt so locker face to face.

Claudia: Absolut. Kann ich total gut nachvollziehen. Danke, ganz ganz herzlich. Das war ein sehr spannendes Gespräch und vielen Dank auch für deine Spontanität. Wir haben letzte Woche mal kurz geschrieben und dann hast du gesagt: Ja, ich habe eh voll Bock, Podcast zu machen, lass gleich mal direkt aufnehmen. Und dann haben wir das auch relativ kurzfristig hingekriegt. Hat super viel Spaß gemacht. Vielen lieben Dank.