Kürzlich fand ich in einer Bahnhofs-Buchhandlung Robert Habecks Buch „Wer wir sein könnten“, Untertitel: „Warum unsere Demokratie eine offene und vielfältige Sprache braucht“. Das erweckt in mir nicht zuletzt die „alte Germanistin“ – mit Sprache habe ich mich bereits im Studium intensiv beschäftigt, und auch in der Beratung, im Training und im Coaching hört man mich oft sagen: „Sprache ist etwas Wunderbares, wenn man mal bewusst auf sie achtet“. Machen Sie das? Also, ich meine: Machen Sie das wirklich und bewusst?
Habeck setzt sich in seinem Buch damit auseinander, wie die Sprache im politischen Diskurs verroht, grenzenloser wird. Ich stelle das gesamtgesellschaftlich fest, und auch im geschäftlichen Bereich spüre ich an manchen Stellen, wie sich die Kommunikation zwischen Kunde und Dienstleister, um ein Beispiel zu nennen, verändert – eher aus meiner Kundensicht an der Stelle denn aus meiner Sicht als Dienstleister. So erlebe ich immer wieder, dass in Hotels mit den Augen gerollt wird, wenn ich (vermeintliche) Sonderwünsche anbringe: Dass man Brötchen mit Speck bitte als solche kennzeichne, da das eine relevante Information für mich als Vegetarierin sei, und zwar bevor ich das Brötchen aufschneide, da ich es sonst nämlich ungegessen zurückgeben muss und es dann weggeworfen wird (Augenrollen). Dass ich bitte eine Rechnung mit meinem Firmennamen benötige (geht noch), und dass man bitte den Kreditkartenbeleg nur dem Ausdruck beilegen, ihn aber nicht anheften möge (Augenrollen begleitet durch die, wie ich finde, in schnippischem Ton vorgetragene Bemerkung: „Aber falten darf ich?“).
Sprache und ihre bewusste Auswahl ist aber auch und vor allem in der Führung ausgesprochen wichtig. Einer meiner zentralen „Tipps“, wenn es um Führung und Kommunikation geht, ist: Wählen Sie bewusst und sorgfältig, wo Sie „aber“ sagen und wo Sie es durch „und“ ersetzen. Beim Feedback beispielsweise: Die Konstruktion „Ich finde ja, dass Sie grundsätzlich sehr gute Arbeit machen, aber…“ klingt, so finde ich, schon im ersten Moment sehr danach, dass auf das „Aber“ erst die tatsächlich wichtige Aussage folgt – und das, was vorher steht, eigentlich zu vernachlässigen ist. Diesen Effekt kann man mindestens abmildern, idealerweise ausschließen, indem man aus dem „Aber“ ein „Und“ macht, vor dem man eine kleine Pause einlegt: „Ich finde ja, dass Sie grundsätzlich sehr gute Arbeit machen. (Pause…) Und bei der Frage der zeitnahen Beantwortung von Anfragen ist mir aufgefallen, dass…“ Klingt anders, oder? Und es geht hier nicht darum, „ein Läppchen drum zu machen“, wie die Hessin sagen würde, also das Feedback abzuschwächen. Sondern es geht darum, dass ich mir bewusst überlege, welche Botschaft ich mit dem, was ich sage, senden will. Wie will ich verstanden werden? Welche Bedeutung soll mein Gegenüber dem beimessen, was bei ihm oder ihr ankommt? Wissend, dass ich natürlich nur begrenzt direkt beeinflussen kann, wie ich verstanden werde und worauf mein Gegenüber die Aufmerksamkeit richtet. Aber – und dieses Aber ist bewusst gesetzt – ich kann mich bemühen, dass ich auf meiner Seite reflektiere, was ich gerne wie verstanden haben würde, und dann bewusst entscheide, welche Wortwahl und welche Tonalität ich hierfür für am geeignetsten halte. Und dann habe ich immer die Möglichkeit zu klären, was denn auf der anderen Seite ankam, und ich kann gegebenenfalls Betonungen noch ändern, Dinge hinzufügen und anders erklären als zuvor.
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